Das Bundesgericht als oberste Rechtsprechungsbehörde stärken
Bern, 09.11.2015 - Der Bundesrat will, dass Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung immer vor Bundesgericht getragen werden können. Im Gegenzug soll das höchste Gericht von weniger bedeutenden Fällen entlastet werden. Der Bundesrat hat dazu am Montag den Entwurf zur Revision des Bundesgerichtsgesetzes in die Vernehmlassung geschickt.
Die totalrevidierte Bundesrechtspflege mit dem neuen Bundesgerichtsgesetz im Zentrum ist im Jahre 2007 in Kraft getreten. Der Bundesrat hat die Totalrevision auf ihre Wirksamkeit untersuchen lassen. In seinem Evaluationsbericht ans Parlament ist er 2013 zum Schluss gekommen, dass Verbesserungen vor allem beim Ausnahmekatalog des Bundesgerichtsgesetzes wünschbar sind. Dieser Katalog umfasst Sachgebiete, in denen die Vorinstanzen des Bundesgerichts endgültig entscheiden; gegen kantonale Entscheide bleibt aber die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde. Der heutige Ausnahmekatalog gewährleistet zu wenig, dass einerseits Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung immer vor Bundesgericht getragen werden können und dass andererseits weniger bedeutende Fälle vom Bundesgericht ferngehalten werden, zum Beispiel Bagatellfälle oder Beschwerden mit sehr geringer Erfolgsquote.
Zugang zum Bundesgericht bei allen grundsätzlichen Rechtsfragen
Aufgrund dieser Erkenntnisse erarbeitete eine Arbeitsgruppe unter Leitung des Bundesamtes für Justiz (BJ) einen Entwurf für eine Teilrevision des Bundesgerichtsgesetzes. Der Entwurf sieht vor, dass der Zugang zum Bundesgericht auch im Bereich des Ausnahmekatalogs offen ist, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt. In Teilen des Ausländerrechts soll ein Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts aber nur angefochten werden können, wenn bereits das Bundesverwaltungsgericht erklärt hat, dass es um eine rechtliche Grundsatzfrage geht. Für das Gebiet des Asylrechts sind keine neuen Zuständigkeiten des Bundesgerichts vorgesehen. Der Entwurf enthält ferner die Abschaffung der subsidiären Verfassungsbeschwerde, die nicht mehr benötigt wird.
Um das Bundesgericht zu entlasten, wird der Ausnahmekatalog in einigen Punkten erweitert. Dies betrifft insbesondere Bussen bis 5000 Franken, gewisse Entscheide der kantonalen Beschwerdeinstanzen im Strafverfahren, Entscheide über erleichterte Einbürgerungen und ausländerrechtliche Bewilligungen für Personen, die sich noch nicht 10 Jahre legal in der Schweiz aufhalten und auch keine Niederlassungsbewilligung besitzen. In solchen Fällen sollen grundsätzlich die Vorinstanzen endgültig entscheiden.
Keine Änderung bei Beschwerden im Bereich der politischen Rechte
Im Evaluationsbericht wurden auch gesetzliche Anpassungen im Bereich der Abstimmungs- und Wahlbeschwerden in Aussicht gestellt. Nach Auffassung des Bundesrates ist jedoch der Rechtsschutz der Stimmberechtigten aufgrund der neueren Bundesgerichtspraxis ausreichend geklärt und daher keine Gesetzesänderung notwendig.
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Letzte Änderung 26.06.2024