Bundesgericht wird von einfachen Fällen entlastet, der Grundrechtsschutz gewahrt
Bern, 15.06.2018 - In Fällen von grosser rechtlicher Bedeutung soll künftig immer eine Beschwerde an das Bundesgericht möglich sein. Im Gegenzug soll das Bundesgericht vermehrt von einfachen Fällen entlastet werden, die keiner höchstrichterlichen Beurteilung bedürfen. Das Bundesgericht soll seine Kapazitäten damit gezielter einsetzen können, ohne dass der Rechtsschutz eingeschränkt wird. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 15. Juni 2018 die Botschaft für eine entsprechende Revision des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) verabschiedet.
Das geltende BGG enthält einen Ausnahmekatalog. Dieser Katalog umfasst Sachgebiete, in denen die Vorinstanzen des Bundesgerichts endgültig entscheiden. Eine Beschwerde an das Bundesgericht ist in solchen Fällen nicht möglich. Im Rahmen der Evaluation der 2007 in Kraft getretenen Bundesrechtspflege ist der Bundesrat 2013 zum Schluss gelangt, dass der Ausnahmekatalog revisionsbedürftig ist. Einerseits ist nicht gewährleistet, dass Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung immer an das Bundesgericht getragen werden können. Andererseits verhindert die bestehende Regelung nicht, dass sich das Bundesgericht mit eigentlichen Bagatellfällen zu befassen hat.
Subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird beibehalten
Der Bundesrat will diese Mängel im Ausnahmekatalog beheben. Die Vorlage des Bundesrats sieht vor, dass die Beschwerde an das Bundesgericht mit wenigen Ausnahmen auch in den Bereichen des Ausnahmekatalogs und unterhalb einer Streitwertgrenze zulässig ist, sofern sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt. Umgekehrt will der Bundesrat das Bundesgericht von eigentlichen Bagatellfällen entlasten. Mit den beiden Massnahmen möchte der Bundesrat die heute teilweise bestehende Fehlbelastung des Bundesgerichts korrigieren.
Festhalten möchte der Bundesrat an der subsidiären Verfassungsbeschwerde. Wer sich durch einen kantonalen Entscheid in seinen verfassungsmässigen Rechten verletzt wähnt, soll auch dann an das Bundesgericht gelangen können, wenn der kantonale Entscheid einen Ausnahmetatbestand betrifft oder unter der entsprechenden Streitwertgrenze liegt. Das ist namentlich in Bereichen wie Einbürgerungen und öffentlichen Beschaffungen oder bei öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen von Bedeutung. Mit der Beibehaltung der subsidiären Verfassungsbeschwerde stellt der Bundesrat sicher, dass die Betroffenen in diesen Bereichen auch dann an das Bundesgericht gelangen können, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.
Mehr Transparenz bei der Urteilsbegründung
Als Neuerung sieht die Vorlage vor, dass die Richterinnen und Richter des Bundesgerichts abweichende Meinungen in der Urteilsbegründung offenlegen können. Sind sie mit ihren Anträgen unterlegen, können die Richterinnen und Richter ihre begründete Minderheitsmeinung (Dissenting Opinion) dem Urteil als Anhang beifügen. Damit erhöht der Bundesrat die Transparenz bei der Urteilsbegründung.
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Letzte Änderung 26.06.2024