Allgemeine Hinweise
Basierend auf Erfahrungen des Bundesamtes für Justiz als schweizerische Zentralbehörde finden Sie hier Hinweise zu länderspezifischen Anforderungen und Schwierigkeiten bei Verfahren im Ausland. Die Informationen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit in jedem Verfahren.
Bei Fragen steht Ihnen das Bundesamt für Justiz gerne telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung.
Der Verlauf und die Dauer - insbesondere von Rückführungsverfahren - hängen massgeblich vom Rechtssystem des ersuchten Staates ab. Auch wenn das Übereinkommen ein rasches Verfahren vorsieht, kann dieses unter Umständen aufwändig und langwierig sein.
Je nach Staat kann bereits das erstinstanzliche Verfahren mehrere Monate in Anspruch nehmen. Zudem kann ein erstinstanzlicher Entscheid in fast allen Staaten angefochten werden.
Das Kindesentführungsübereinkommen spricht sich ausdrücklich für das Herbeiführen einer gütlichen Einigung aus. Mediation als bewährtes Konfliktbeilegungsverfahren wird nicht in allen Staaten in derselben Weise und kostenfrei angeboten.
Einige Zentralbehörden verfügen über interne Mediatoren (z. B. Frankreich, Tschechische Republik), andere bieten Zugang zu einem Netzwerk, über welches eine (kostenpflichtige) Mediation organisiert werden kann (z. B. Deutschland).
Kommt es zu einem Verfahren vor Gericht oder einer Behörde, entscheiden allein diese über die Rückführung. Eine Rechtsvertretung ist nicht in allen Staaten zwingend vorgesehen und erforderlich.
In einigen Staaten wird das Verfahren auf Rückführung standardmässig von der Staatsanwaltschaft (z. B. Brasilien, Frankreich, Portugal) bzw. einem Anwalt des Staates (z. B. Spanien) geführt. In diesen Staaten ist eine Parteivertretung durch einen privaten Anwalt nicht zwingend vorgesehen. In anderen Staaten ist das Rückführungsverfahren ein Zweiparteienverfahren (Antragsteller gegen Antragsgegner) und eine Parteivertretung durch einen privaten Anwalt üblich (z. B. Deutschland, Finnland, Polen, Vereinigtes Königreich, USA).
Es steht den Parteien aber immer frei, sich im Ausland anwaltlich vertreten zu lassen.
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Das Übereinkommen sieht vor, dass die Tätigkeit der Zentralbehörden unentgeltlich ist. Auch die gerichtlichen bzw. behördlichen Verfahren und die dabei notwendige Rechtsvertretung sind grundsätzlich kostenlos.
Die Vertragsstaaten können jedoch einen Vorbehalt anbringen, dass eine Kostenbefreiung nur nach den innerstaatlichen Regeln über die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wird (siehe Vertragsstaaten). Diese Regeln sind von Land zu Land unterschiedlich. Wegen des Kaufkraftgefälles zwischen den einzelnen Staaten und der Schweiz kann es zudem vorkommen, dass auch bedürftige Antragstellende aus der Schweiz im Ausland keine unentgeltliche Rechtspflege erhalten (z. B. USA).
Einzelne Staaten gewähren sodann die unentgeltliche Rechtspflege, obschon ein Kostenvorbehalt erhoben wurde (z. B. Finnland, Vereinigtes Königreich [nur bei Rückführungsverfahren], Bulgarien [sofern die Rechtsvertretung über die Zentralbehörde erfolgt]). In einigen Staaten, in welchen das Verfahren von der Zentralbehörde oder der Staatsanwaltschaft geführt wird (z. B. Brasilien, Frankreich, Portugal, Spanien, Dominikanische Republik), ist die private Mandatierung einer Rechtsvertretung regelmässig kostenpflichtig.
Gerichts- und Rechtsvertretungskosten können je nach Land unterschiedlich hoch sein und sind meist schwierig abzuschätzen. Die Übersetzungskosten für die einzureichenden Dokumente haben die Antragsstellenden zu tragen. Teilweise werden beglaubigte Übersetzungen verlangt (z. B. Thailand, Polen). - Vertragsstaaten (PDF, 115 kB, 06.03.2024)
Die Besuchsrechtsverfahren werden nicht in allen Staaten genauso unterstützt wie Rückführungsverfahren. In der Regel dauern die Verfahren länger und die Besuchsrechte sind schwer durchsetzbar.
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Die Schweiz hat am 31. Oktober 2005 mit dem Libanon ein bilaterales Abkommen über die Zusammenarbeit in bestimmten Familienangelegenheiten geschlossen (SR 0.211.230.489). Der Anwendungsbereich des Abkommens erstreckt sich auch auf Fälle internationaler Kindesentführungen sowie Streitigkeiten in Bezug auf das grenzüberschreitende Besuchsrecht. Obwohl das Abkommen seit dem 1. März 2006 in Kraft ist, konnte es aufgrund der fehlenden Umsetzung den Libanon bis anhin nicht angewandt werden. Weil der Libanon das Haager Übereinkommen von 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen (SR 0.211.230.02) nicht unterzeichnet hat, ist die Schweizerische Zentralbehörde nicht in der Lage, bei Entführungsfällen oder Besuchsrechtskonflikten entsprechende Unterstützung zu leisten. Die betroffenen Personen können sich an die konsularische Direktion des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten oder an die Schweizerische Stiftung des Internationalen Sozialdienstes wenden.
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Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der libanesischen Republik vom 31. Oktober 2005 über die Zusammenarbeit in bestimmten Familienangelegenheiten
(SR 0.211.230.489)
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Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung
(SR 0.211.230.02)
Letzte Änderung 29.08.2023