Transitmigration: Klarstellung «NZZ am Sonntag» vom 30.10.2022

Am 30. Oktober 2022 berichtete die «NZZ am Sonntag» über die Weiterreise von rechtswidrig eingereisten Migrantinnen und Migranten in Zügen der SBB aus der Ostschweiz bis nach Basel.

Das SEM und das BAZG stellen zusammenfassend klar:

  • Die Schweiz verletzt weder das Dublin-Assoziierungsabkommen noch das Ausländer- und Integrationsgesetz.

  • Die SBB muss aufgrund ihrer gesetzlichen Transportpflicht alle Personen mit gültigem Fahrausweis befördern. Sie erhält keine Anweisungen der Grenz- oder Migrationsbehörden.

  • Polizei und Grenzbehörden haben keine gesetzliche Handhabe, illegal eingereiste Personen nach einer Kontrolle festzuhalten oder ihnen Anweisungen für ihre Weiterreise zu erteilen.

  • Die Frist für die Einleitung eines Dublin-Verfahrens beträgt zwei Monate. Diese Frist wird von der Schweiz eingehalten.

  • Gegen bereits wieder abgereiste Personen kann kein Dublin-Verfahren durchgeführt werden.

  • Die Schweiz setzt sich aktiv gegen irreguläre Migration ein, etwa bilateral mit dem Aktionsplan Schweiz-Österreich oder auf europäischer Ebene als vollassoziierter Schengen-Staat. Unlängst intervenierte die Schweiz mit anderen Schengen-Staaten erfolgreich gegen die Visapolitik von Serbien.

Stellungnahme der deutschen Behörden:

"Bisher liegen dem Bundesinnenministerium keine Erkenntnisse darüber vor, dass irreguläre Weiterreisen aus der Schweiz in andere europäische Staaten von schweizerischen Behörden aktiv unterstützt werden. Natürlich gehen wir aber stichhaltigen Hinweisen auf Nichteinhaltung der Dublin-Regelungen nach. Der Bundespolizei liegen auch keine Anzeichen vor, dass die schweizer Behörden aktiv Migrantinnen und Migranten in speziell bereitgestellten Zügen weiterleiten. Vielmehr können Geflüchtete auch in der Schweiz Züge benutzen – wenn sie über gültige Fahrscheine verfügen –, wie das auch in Deutschland möglich ist."
(Stellungnahme von Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin beim zuständigen Bundesministerium des Innern und für Heimat, gegenüber dem "Südkurier".)

Die Rechtslage:

  • Die SBB hat eine gesetzliche Beförderungspflicht. Das bedeutet, dass sie Personen mit einem gültigen Bahnbillet transportieren muss (Art. 12 Personenbeförderungsgesetz). Die Personenbeförderung liegt alleine in den Händen der SBB. Weder das Staatsekretariat für Migration (SEM) noch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) erteilen der SBB Anweisungen, wie sie den Transport von Passagieren zu organisieren haben.

  • Nach der Ankunft in der Schweiz kontrollieren Mitarbeitende des BAZG die Migrantinnen und Migranten. Ihre Personalien werden aufgenommen und mit den nationalen und den Schengen-Datenbanken abgeglichen. Wer in der Schweiz ein Asylgesuch stellt, wird vom SEM einem Bundesasylzentrum zugewiesen. Dort wird ein reguläres Asylverfahren durchgeführt. Wer kein Asylgesuch stellt, bleibt in der Zuständigkeit des Einreise-Kantons. Die Kantonspolizei hat keine rechtliche Handhabe, illegal eingereiste Personen nach der Kontrolle durch das BAZG festzuhalten.

  • Keine der involvierten Stellen erteilt illegal eingereisten Migrantinnen und Migranten Instruktionen, wohin sie gehen sollen. Auch dafür gibt es keine rechtliche Handhabe. Es liegt daher keine Verletzung von des Ausländer- und Integrationsgesetz durch die Behörden vor.

  • Ebenso wenig liegt ein Verstoss gegen das Dublin-Assoziierungsabkommen vor.

  • Der Kanton stellt dem SEM einen Antrag für die Durchführung eines Dublin-Verfahrens zur Rückführung einer Person in den Dublin-Staat, wo sie ein Asylgesuch gestellt hat, sofern die Person nach zwei Tagen noch in der Schweiz anwesend ist. Die gemäss Abkommen vorgesehene maximale Frist von zwei Monaten für die Einleitung eines Dublin-Verfahrens wird damit eingehalten (Art. 24. Abs. 2 Dublin-III-Verordnung). Ist eine Person nicht mehr anwesend, erübrigt sich ein Dublin-Verfahren. Eine rechtliche Grundlage, eine Person über die Kontrolle hinaus festzuhalten, gibt es wie erwähnt nicht.

  • Die Schweiz setzt sich aktiv gegen irreguläre Migration ein: Mit ihrer Intervention bei der EU-Kommission bezüglich Visapolitik von Serbien am letzten Justiz- und Innenministertreffen in Luxemburg Mitte Oktober hat die Schweiz mit Österreich und anderen Schengen Staaten gemeinsam dazu beigetragen, die irreguläre Migration an der Quelle zu bekämpfen. Nicht mit der EU abgestimmte Visaregimes sind ein Treiber irregulärer Migration. Serbien hat darauf gegenüber Burundi die Visafreiheit aufgehoben, bei weiteren Staaten hat Serbien dasselbe angekündigt. Nur ein geschlossenes und gemeinsames Vorgehen auf europäischer Ebene ist wirksam gegen irreguläre Migration.

Kontakt / Rückfragen

Information und Kommunikation SEM, medien@sem.admin.ch

Letzte Änderung 30.10.2022

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