Umsetzung des Verfassungsartikels zur Zuwanderung

Volk und Stände haben die Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung" am 9. Februar 2014 angenommen, mit 50,3 Prozent der Stimmen und mit einem Mehr von 17 Ständen. Der Verfassungstext (Art. 121a der Bundesverfassung) verpflichtet Bundesrat und Parlament, innert dreier Jahre ein neues Zulassungssystem einzuführen, welches der Schweiz künftig ermöglicht, die Zuwanderung zu steuern – unter Wahrung der gesamtwirtschaftlichen Interessen und mit einem Inländervorrang. Der Bundesrat hatte bereits vor der Abstimmung darauf hingewiesen, dass dieser neue Verfassungsartikel nicht mit dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) mit der Europäischen Union (EU) vereinbar ist, und damit auch nicht mit den Bilateralen Verträgen.

Umsetzung umgehend an die Hand genommen

Der Bundesrat nahm nach der Abstimmung die Arbeiten zur Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen über die Zuwanderung umgehend an die Hand und fasste rasch erste Beschlüsse. Bereits am 20. Juni 2014 präsentierte er das Konzept zur Umsetzung des Zuwanderungsartikels. Am 11. Februar 2015 schickte er die Gesetzesentwürfe in die Vernehmlassung. Diese dauerte bis zum 28. Mai 2015. Ebenfalls am 11. Februar 2015 verabschiedete der Bundesrat das Mandat zu Verhandlungen über die Personenfreizügigkeit mit der EU.

Am 27. Oktober 2015 wurde die Volksinitiative RASA ("Raus aus der Sackgasse! Verzicht auf die Wiedereinführung von Zuwanderungskontingenten") eingereicht. Sie will den Zuwanderungsartikel wieder aus der Verfassung streichen, um die Bilateralen Verträge mit der EU zu erhalten.

Botschaft des Bundesrates, Entscheid des Parlaments

Unter Berücksichtigung der Vernehmlassungsergebnisse verabschiedete der Bundesrat am 4. März 2016 mehrere Gesetzesentwürfe und seine Botschaft zuhanden des Parlaments, um die Verfassungsbestimmungen zur Zuwanderung umzusetzen: Er hielt fest, dass er eine einvernehmliche Lösung mit der EU anstrebe, um die bilateralen Verträge nicht zu gefährden. Für den Fall, dass dies nicht möglich sei, schlug er eine einseitige Schutzklausel vor, um die Zuwanderung von Personen zu steuern, die unter das FZA fallen. Parallel dazu führten das EJPD und das EDA bis in den Sommer 2016 intensive Konsultationen mit der EU durch. Nach der Annahme des Brexit-Referendums wurde dann klar, dass eine Lösung mit der EU ausgeschlossen ist.

Der Nationalrat behandelte in der Herbstsession 2016 die Vorlage des Bundesrates als Erstrat und beschloss am 21. September 2016 einen sogenannten "Inländervorrang light". In der Wintersession 2016 behandelte der Ständerat die Vorlage. Beide Kammern einigten sich auf ein Gesetz, das mit dem FZA kompatibel ist, um die bilateralen Abkommen mit der EU nicht zu gefährden. Am 28. Juni 2017 schickte der Bundesrat die Verordnungsänderungen zur Umsetzung des Ausführungsgesetzes zu Artikel 121a BV in die Vernehmlassung. Die Vernehmlassung lief bis am 6. September 2017. Voraussichtlich Anfang 2018 wird der Bundesrat die Verordnungen verabschieden und über die Inkraftsetzung entscheiden.

Botschaft RASA-Initiative

Das Parlament hat also eine FZA-kompatible Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative beschlossen, die den Zuwanderungsartikel in der Verfassung allerdings nicht vollständig umsetzt. Der Bundesrat hatte in der Folge entschieden, die Rasa-Initiative abzulehnen, weil er am Verfassungsziel einer Steuerung der Zuwanderung mit geeigneten Mitteln festhalten will. Gleichzeitig sprach sich der Bundesrat damals im Grundsatz für einen direkten Gegenentwurf aus. In seiner Sitzung vom 1. Februar 2017 hat der Bundesrat dann die Vernehmlassung zu zwei Varianten für einen direkten Gegenentwurf zur Rasa-Initiative eröffnet.

Am 26. April 2017 schliesslich verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft zur Rasa-Initiative zuhanden des Parlaments. Aufgrund überwiegend negativer Rückmeldungen von Parteien, Verbänden und Kantonen in der Vernehmlassung verzichtete der Bundesrat darauf, dem Parlament eine Änderung dieses Zuwanderungsartikels vorzuschlagen. Die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer lehnten, mit wenigen Ausnahmen, die vom Bundesrat vorgeschlagenen direkten Gegenentwürfe ab. Aus diesem Grund und aufgrund der Tatsache, dass in der Zwischenzeit auch kein Referendum gegen das Gesetz zur Umsetzung des Zuwanderungsartikels zustande kam, verzichtete der Bundesrat auf einen direkten Gegenentwurf.

Das Eidgenössische Parlament hat bis zum 27. April 2018 Zeit, um über seine Abstimmungsempfehlung zur Rasa-Initiative zu beschliessen.

Ratifikation Kroatien-Protokoll

In seiner Sitzung vom 16. Dezember 2016 beschloss der Bundesrat zudem, das Protokoll zur Erweiterung der Personenfreizügigkeit zu ratifizieren. Das Parlament hatte das Kroatien-Protokoll bereits am 17. Juni 2016 genehmigt. Es ermächtigte den Bundesrat gleichzeitig zur Ratifizierung des Protokolls, wenn "mit der EU eine mit der schweizerischen Rechtsordnung vereinbare Regelung zur Steuerung der Zuwanderung besteht". Mit dem Ausführungsgesetz zu Art. 121a der Bundesverfassung, welches das Parlament gleichentags in der Schlussabstimmung der Wintersession 2016 verabschiedet hatte, war diese Bedingung erfüllt.

Was ist bisher geschehen?

  • 06.09.2017: Ablauf der Vernehmlassung zu den Verordnungsänderungen zur Umsetzung von Art. 121a BV
  • 28.06.2017: Bundesrat eröffnet die Vernehmlassung zu den Verordnungsänderungen zur Umsetzung von Art. 121a BV (Medienmitteilung)
  • 16.06.2017: Bundesrat legt die Eckwerte zur Umsetzung des Art. 121a BV auf Verordnungsstufe vor (Medienmitteilung)
  • 26.04.2017: Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Rasa-Initiative (Medienmitteilung)
  • 01.02.2017: Bundesrat eröffnet Vernehmlassung für direkten Gegenentwurf zur Rasa-Initiative (Medienmitteilung)
  • 18.12.2015: Bundesrat lanciert Pilotprogramm zur Flüchtlingslehre (Medienmitteilung)
  • 04.12.2015: Bundesrat entscheidet sich für Schutzklausel (Medienmitteilung)
  • 11.02.2015: Bundesrat verabschiedet Gesetzesentwurf und Verhandlungsmandat (Medienmitteilung)
  • 02.02.2015: Bundespräsidentin Sommaruga trifft EU-Kommissionspräsidenten, -Ratspräsidenten und -Parlamentspräsidenten in Brüssel (Medienmitteilung)

Dokumentation


Dokumente

Links

Letzte Änderung 06.09.2017

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